„Feuer und Flamme“ für die Themen der Workshops

  • Ralf Thomas Müller
  • Hans-Jürgen Bauer

Erfahrungsaustausch, Impulse und erste Schlussfolgerungen: Erstmals kamen rheinische Synodale einen ganzen Tag in Workshops zusammen, um über die Zukunftsfragen der Kirche zu beraten. Zu 14 Workshops hatte die Landessynode eingeladen und Fragen von Freiräumen bis Vielfalt, Diversität bis digitaler Kirche diskutierten die Teilnehmenden kreativ und offen. Unterstützt wurden sie auch von Impulsgeberinnen und Impulsgebern aus der Ökumene und anderen Landeskirchen.

„Sind wir so vielfältig und offen, wie wir es gerne wären?“, fragten sich die Teilnehmenden des Workshops „Mission Diversity – In Zukunft Vielfalt“. Impulsgeber Professor Lorenz Narku Laing konnte jedenfalls berichten, dass er bei Einladungen zu Synoden immer die einzige Schwarze Person im Raum ist. Er ist Dozent für Sozialwissenschaften und Rassismusforschung an der Evangelischen Hochschule Bochum und zertifizierter Diversitytrainer. Seine Analyse der Synodenwirklichkeit: homogener als die bundesdeutsche Gesellschaft, viele Akademikerinnen und Akademiker, aber trotzdem die Gewissheit, dass das, „was draußen passiert, auch bei uns passiert“.

Im Modus dauerhafter Veränderung

„Leute, die Feuer und Flamme sind für Themen, die da verhandelt werden“, so beschrieb die rheinische Oberkirchenrätin Dr. Wibke Janssen in einer Pressekonferenz die Workshops. Es geht um Öffnung der Kirche. Projekte gegen „Milieuverengung“ sind zum Beispiel kirchliche Ladenlokale. Zur Öffnung gehört auch eine Sprache, die verstanden wird. Sakrament und selbst Segen oder Buße bedürfen ihrer Ansicht neuer Formulierungen.

Um Aktionismus geht es für den rheinischen Präses Dr. Thorsten Latzel aber nicht. Er macht einen „dauerhaften Modus der Veränderung“ aus. „Wichtig ist es, die Türen unserer Kirche weit zu öffnen“, so der Theologe. „Wir dürfen uns aber nicht kleiner machen, als wir sind“, sagt er und verweist auf die hohe Zahl an ehrenamtlich Mitarbeitenden und die weiter gesellschaftlich bedeutsame Mitgliederzahl von allein 2,2 Millionen evangelischer Christinnen und Christen im Rheinland.

Gesprächsrunde zu Gottesdienst-Landschaften
Vielfältig und vernetzt: Gottesdienst-Landschaften

Was lässt sich im Rheinland umsetzen?

In der württembergischen Landeskirche steigt die Austrittswahrscheinlichkeit der Mitglieder mit 31 Jahren auf den höchsten Punkt. Michaela Kluin, landeskirchliche Referentin Mitgliederkommunikation, beschrieb eine Entwicklung, die auch durch positive Erfahrungen aus der Konfi- und Jugendarbeit nicht ausgeglichen werden konnte. Aus der Sicht von Ausgetretenen stimme bei der Kirche häufig die „Kosten-Nutzen-Relation“ nicht. Eine Antwort im Südwesten lautet jetzt „Kirchenpost“. Abgestimmt auf Alter und Lebenssituation werden in bisher 150 Gemeinden Menschen mit ihren Themen erreicht. Im Workshop „Get in touch – Wir gehen in Verbindung“ fragten sich Teilnehmende, wie so etwas auch im Rheinland umzusetzen ist.

Professorin Johanna Possinger von der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg zeigte ganz praktisch, was es heißt, Familien zu entlasten: Einen Winterspielplatz im Gemeindehaus nehmen gerade Familien mit weniger Geld gerne in Anspruch. Im Workshop „Doing family. Familienreligiosität wahrnehmen und fördern – Chancen und Herausforderungen für kirchliche Bildung“ forderten die Teilnehmenden: „Kinder gehören in die Mitte des Reiches Gottes und damit sichtbar in die Mitte der Kirche.“ Konkret plädierten sie dafür, im Gottesdienst Neues zu wagen, für mehr Familienzentren, mehr Austausch und neue Materialien.

Kreativ und frei

Wie muss die Qualität kirchlicher Digitalangebote aussehen? Bewerten Menschen von außen diese Angebote anders als binnenkirchliche Akteurinnen und Akteure? Wie sieht die digitale Zukunft aus? Im Workshop „#EKiR_digital“ sprachen sich Teilnehmende zum Beispiel für Kompetenzen in der Ausbildung von Theologinnen und Theologen aus, damit digitale Arbeit nicht von Zufallskonstellationen abhängt. Ein Netzwerk von „Sinnfluencern“, Plattformen für digitale Glaubenskommunikation, für Support und Best-Practice-Beispiele sind vorstellbare Projekte.

Tim Lahr fand es gut, die Perspektive einer queeren Kirche in den Workshops einbringen zu können, um dann zu sehen, was Lösungen sein könnten. „Die Workshops haben die Möglichkeit geboten, kreativ und frei an ein Thema heranzugehen“, berichtete der Kölner Pfarrer. „Erfahrungen wurden gehört und die Probleme gesehen.“

Blick auf ein Modell im Workshop „Kirche im Quartier“
Stadtteile entwickeln: Blick auf ein Modell im Workshop „Kirche im Quartier“

 

Eine neue „Synodenkultur“

Lisa Marie Appel hob hervor, dass die Synodalen in den kleineren Gruppen anders als bei Plenarsitzungen „ganz stark in den Austausch kommen“. Vielleicht trauten sich bei den großen Sitzungen „nicht alle vor 200 Menschen zu sprechen“, erläutert das nebenamtliche Mitglied der rheinischen Kirchenleitung. Für sich nimmt die Gymnasiallehrerin mit, dass „wir einen Erfahrungsschatz in unserer Kirche haben, dass Menschen mit Visionen zur Synode kommen, die Lust haben, Kirche zu verändern.“

Fiona Paulus, Vorsitzende der Evangelischen Jugend im Rheinland, lobte das vertrauensvolle Miteinander im Workshop „Mission Diversity“. Die Gespräche waren ihren Erfahrungen nach intensiv und verschiedenste Perspektiven wurden eingebracht. Auch wenn sie sich bereits mit Rassismus und Diskriminierungsstrukturen beschäftigt hat, empfand sie die Diskussionen als „total wertvoll“.

Das Feedback im Workshop „Kirche im Quartier“ konnte besser nicht sein. Bewertungen von Teilnehmenden zum Workshoptag waren: „Bereichernd“, „alles liebevoll vorbereitet“ und „tolle Bandbreite von Projekten vom Blumenstrauß in der Klinik bis zur wissenschaftlich begleiteten Quartiersarbeit“. Wie in den anderen Gruppen gibt es daher die Hoffnung, dass die Workshops künftig zur „Synodenkultur“ gehören und es vielleicht schon vor der Sitzung der Landessynode 2025 Zwischenergebnisse gibt.