Grußwort Pfarrer Crouzet

Landessynode 2006

Pfarrer Didier Crouzet

Sehr geehrter Herr Präses, liebe Schwestern und Brüder,


es ist für mich eine große Freude, Ihnen die Grüße der Reformierten Kirche in Frankreich zu überbringen. Es handelt sich dabei nicht nur um eine bloße Höflichkeitsfloskel, die man an Unbekannte richtet. Denn Sie sind für mich keine Unbekannten. Selbst wenn ich nicht die Möglichkeit habe, jeden im Laufe der Synode persönlich kennen zu lernen, so sind mir doch die Bande der Geschwisterlichkeit, die unsere Kirchen seit langem verbinden und die sich von Jahr zu Jahr verstärken, gut bekannt.


Im Jahr 2005 haben sich die Kirchenleitungen unserer beiden Kirchen im April in Paris getroffen, um die das gegenseitige Kennenlernen zu vertiefen und über die Rolle der Kirchen in Europa zu sprechen; Präses Schneider hat im Rahmen unserer Nationalsynode am 8. Mai 2005 das Wort ergriffen – es war der Jahrestag der Beendigung des Zweiten Weltkrieges – und dies war ein sehr emotionaler Moment.


Ich richte mein Wort also nicht an eine Institution, sondern an Schwestern und Brüder, mit denen ich Sorgen und Hoffnungen teilen kann. Ich möchte kurz zwei Herausforderungen benennen, vor denen unsere Kirche zurzeit steht:


1. Missionarische Kirche in Frankreich heute


Im Rahmen einer säkularisierten Gesellschaft wie der unsrigen (nur 12 % der Franzosen sind praktizierende Gläubige) können wir nicht darauf warten, dass die Leute zu uns kommen und an die Kirchentür klopfen. Es gilt vielmehr, die Kirchenmauern zu verlassen,  auf die Leute zuzugehen  und die Gute Nachricht, die unserem Leben Sinn gibt, mit ihnen zu teilen. Unsere Kirche kann sich nicht mit einem sozialen Einsatz für die Ärmsten begnügen ohne öffentlich und deutlich vernehmbar das Evangelium zu verkünden. Es geht darum, eine Kirche von Zeuginnen und Zeugen zu werden und nicht nur eine Kirche von Mitgliedern. Um diesem Ziel näher zu kommen, müssen wir uns drei Herausforderungen stellen:



  • einer theologischen Herausforderung: es geht darum, sprachfähig für den Glauben zu werden, damit das Evangelium auch von den Leuten auf der Straße verstanden wird.

  • einer spirituelle Herausforderung: es geht darum, den Kirchenmitgliedern Vertrauen zu schenken, welches sie in die Lage versetzt, von Gott und dem Evangelium ohne Scham und Scheu zu sprechen (dies ist sehr schwierig für Protestanten, die es seit Jahrhunderten gewohnt sind, ihren Glauben zu verschweigen um zu überleben). 

  • einer ekklesiologischen Herausforderung: die Kirchengemeinden werden ermutigt, Gemeindekonzeptionen und Aktionspläne zu formulieren und ihre Strukturen entsprechend anzupassen. Die gleichen Überlegungen  für den Bereich der landeskirchlichen Dienste werden im Rahmen der kommenden Nationalsynode angestellt.

2. Platz schaffen für die Religion im öffentlichen Bereich


Wir haben im Jahre 2005 den 100. Jahrestag  des Gesetzes zur Trennung von Staat und Kirche gefeiert, ein Gesetz, welches Freiraum für die Religionsausübung schaffte. Aber auch ein Jahrhundert später sind die Beziehungen zwischen Staat und Kirche noch immer nicht wirklich befriedet. Einige unserer politischen Führer möchten die Religionsausübung auf den Bereich der Privatsphäre und auf den sonntäglichen Gottesdienst beschränken. Die staatlichen Behörden müssen jedoch anerkennen, dass Spiritualität ein Wesenmerkmal des Menschen ist. Aus diesem Grund müssen religiöse Überzeugungen auch öffentlich geäußert werden können und Religionskunde muss in der Schule Unterrichtsgegenstand sein.


Diese Herausforderung kann unsere Kirche nicht alleine auf sich nehmen. Wie wäre dies auch möglich, da wir nur 350.000 Kirchenmitglieder haben (dies entspricht 0,5 % der Bevölkerung). Aber wir haben ja Verbündete: andere protestantischen Kirchen, andere Konfessionen und unsere Partnerkirchen in Europa. Ja, wir brauchen Sie und Ihre Erfahrung  als Evangelische Kirche im Rheinland, um in unserem Land Frankreich voranzukommen in Richtung auf ein friedlicheres und gerechteres Modell des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat.


Ich danke Ihnen für die Möglichkeit des Teilens mit Ihnen anlässlich dieser Synode. Es ist ein zusätzlicher Stein in dem Gebäude der Geschwisterlichkeit  und des Friedens, an dem wir seit Jahren gemeinsam bauen. Es ist nicht der letzte Stein. Schon zeigt sich der Kirchentag 2007 in Köln, zu deren Vorbereitung Sie uns eingeladen haben. Wir werden da sei, an Ihrer Seite, mit Freude und Begeisterung. Ich danke Ihnen.

  • 3.1.2006
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