Pressemitteilung

Landessynode stellt die Weichen für die Zukunft des Pfarrdienstes

Neue Auswahl- und Bewerbungsverfahren beschlossen

  • Nr. 17/2008
  • 10.1.2008
  • 8294 Zeichen

Fast einstimmig wurden am Mittag in der Landessynode weit reichende Beschlüsse zur zukünftigen Gestaltung des Pfarrdienstes getroffen – „ein überraschendes und deutliches Signal“, kommentierte Oberkirchenrat Jürgen Dembek, Personaldezernent der rheinischen Kirche, das Ergebnis.

Zur Vorgeschichte: Ein umfangreiches Maßnahmepaket zur mittel- und langfristigen Sicherstellung des pfarramtlichen Dienstes hatte die Landessynode bereits vor einem Jahr beschlossen. Es geht darum, angesichts des Rückgangs der Gemeindemitgliederzahlen und der in den nächsten 25 Jahren zu erwartenden Minderung der Finanzkraft eine erhebliche Reduzierung der Zahl der Pfarrstellen vorzunehmen und dabei neue Steuerungs- und Planungselemente einzusetzen. Auch soll sichergestellt werden, dass neben den – zurückgehenden – Gemeindepfarrstellen zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse für Theologinnen und Theologen entstehen. Verhindert werden soll außerdem, dass aus Mangel an Gemeindepfarrstellen eine ganze Generation von angehenden Pfarrerinnen und Pfarrern unbeschäftigt bleibt. Die Zahl der Pfarrerinnen und Pfarrer im so genannten Wartestand soll durch das neue Auswahlverfahren deutlich vermindert werden. Zurzeit befinden sich rund 120 Theologinnen und Theologen im Wartestand. Sie haben keine Gemeinde- oder Funktionspfarrstellen, meist aber befristete Beschäftigungsaufträge. Für eine Versetzung in den Wartestand gibt es sehr unterschiedliche Gründe, z. B. die Beendigung einer befristeten Berufung in eine Funktionspfarrstelle ohne sofortige neue Berufung, das Ende einer dienstlichen Freistellung ohne neue Pfarrstelle oder der Verlust einer Pfarrstelle, die aufgrund von Strukturmaßnahmen aufgehoben werden musste.

Soweit die Problemanzeige. Am Mittag beschloss die Synode heute das „Rahmenkonzept für die mbA-Stellen (Pfarrstellen mit besonderem Auftrag) sowie um Richtlinien für das zentrale Auswahlverfahren für Pfarrerinnen und Pfarrer im Wartestand und für aus der Pfarrstelle Abberufene und Richtlinien für das zentrale Bewerbungsverfahren für den Zugang zum Pfarrdienst“.

 

Im Folgenden noch einmal die wichtigsten Maßnahmen, die aufeinander aufbauen:

  • Pfarrerinnen und Pfarrern im Wartestand sollen in Pfarrstellen mit besonderem Auftrag (mbA-Stellen) vermittelt werden. Die mbA-Stellen werden auf landeskirchlicher Ebene angesiedelt. Das Rahmenkonzept begrenzt die mbA-Stellen im Bereich des Wartestandes auf sechs. Mit der Befristung wird deutlich gemacht, dass diese Stellen nicht als Pfarrstellen auf Dauer angelegt sind, sondern dass aus der mbA-Stelle eine Bewerbung auf frei werdende Gemeinde- oder Funktionspfarrstellen erfolgen muss. Die Pfarrerinnen und Pfarrer in mbA-Stellen sind verpflichtet, sich auf reguläre Pfarrstellen zu bewerben. Ein längerer Verbleib in mbA-Stellen ist nicht beabsichtigt. Wird nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf dieser sechs Jahre eine neue Pfarrstelle übertragen, tritt die oder der Betroffene in den dreijährigen Wartestand. Eine erneute Teilnahme an dem Auswahlverfahren ist nicht möglich.
  • Pfarrerinnen und Pfarrer, die 60 Jahre oder älter sind, sollen – so der heutige Beschluss der Synode – nicht in mbA-Pfarrstellen eingewiesen werden. Sie sollen weiterhin Beschäftigungsaufträge übernehmen.

Die Landessynode hatte bereits 2007 beschlossen, ein zentrales Auswahl-verfahren für die Pfarrerinnen und Pfarrer im Wartestand einzurichten. Heute wurden die Richtlinien dafür beschlossen. Danach ist nur eine einmalige Teilnahme an dem Auswahlverfahren möglich. Wer das Auswahlverfahren erfolgreich absolviert hat, wird in eine mbA-Stellen eingewiesen, die in allen Arbeitsfeldern des pfarramtlichen Dienstes eingerichtet werden kann.

Ebenfalls 2007 hatte die Synode beschlossen, den Zugang zum Pfarrdienst durch ein zentrales Bewerbungsverfahren (kein Auswahlverfahren) zu regeln, mit dem Ziel, die Zahl der Berufungen in den Pfarrdienst auf Lebenszeit zu begrenzen. Präzisiert wurden nun auch dafür die Richtlinien:

  • Vikarinnen und Vikare, die nach dem 2. Examen das zentrale Bewerbungsverfahren für den pfarramtlichen Dienst erfolgreich durchlaufen haben, werden in ein dienstrechtlich vorgeschriebenes Pfarrdienstverhältnis auf Probe berufen. Danach werden sie in ein Pfarrdienstverhältnis auf Lebenszeit in mbA-Stellen berufen, um sich aus diesen Stellen auf reguläre Pfarrstellen zu bewerben.

  • Theologinnen und Theologen, denen die Anstellungsfähigkeit für das Pfarramt verliehen worden ist und die das zentrale Bewerbungsverfahren erfolgreich durchlaufen haben, werden in eine mbA-Stelle berufen. Wiederholte Bewerbungen sind möglich.
  • Der Kirchenleitung wird ab sofort für die Dauer von fünf Jahren in jedem zweiten Besetzungsfall einer Pfarrstelle das Vorschlags- und Besetzungsrecht übertragen. Dieses Recht hatte die Kirchenleitung bislang bereits für jeden dritten Besetzungsfall inne. Das Vorschlagsrecht ersetzt die Wahlfreiheit der Gemeinden nicht, bündelt sie aber. Wird in einer Gemeinde eine neue Pfarrerin bzw. ein neuer Pfarrer gesucht, und hat die Kirchenleitung das Vorschlagsrecht, meldet die Gemeinde der Kirchenleitung den Bedarf mit einem Profilwunsch. Die Kirchenleitung vermittelt dann geeignete Kandidatinnen und Kandidaten aus dem Wartestand, unter denen die Gemeinde ihre Wahl treffen kann. Werden Gemeindepfarrstellen frei, für die die Kirchenleitung kein Vorschlags- und Besetzungsrecht hat, erfolgt die Besetzung wie bisher durch direkte Pfarrwahl nach direkter Bewerbung.
  • Die Besetzung der mbA-Stellen durch die Kirchenleitung soll für den Bereich des Wartestandes fortlaufend stattfinden, für den theologischen Nachwuchs zum 1. Januar bzw. zum 1. Juli. Ziel ist es, auf die Anforderungen der Kirchenkreise relativ zeitnah reagieren zu können. Denn die Beschreibung der Aufgabenfelder der mbA-Stellen soll auf Kirchenkreisebene durch die dortigen Leitungsorgane, die Kreissynodalvorstände, festgelegt werden.
  • Die Landessynode 2007 hatte die Kirchenleitung beauftragt, der Landessynode 2008 ein Verfahren vorzulegen, wie in Zukunft die Zahl der Pfarrstellen in den nächsten 20 Jahren berechnet und wie die Verteilung der Pfarrstellen auf die Kirchenkreise vorgenommen werden soll. Bisher gab es kein solches zentrales Planungsinstrument, das Prognosedaten über den zukünftigen Pfarrdienst liefert. Auch dieses Verfahren wurde heute Mittag beschlossen: Die „Eckpunkte zur Berechnung und Verteilung von Pfarrstellen“ empfehlen, die Anzahl der Pfarrstellen pro Kirchenkreis nach der Zahl der Mitglieder der Kirchengemeinden und der Zahl der Evangelischen pro Quadratkilometer zu berechnen und festzulegen. Voraussetzung ist, dass die Kreissynoden ein Rahmenkonzept für den Pfarrdienst im Kirchenkreis erstellen. Dieses Rahmenkonzept geht vom Ist aus und beschreibt prognostisch den zukünftigen Zuschnitt der Pfarrstellen. Dabei sind die jeweiligen Soll-Pfarrstellen des Kirchenkreises, die Entwicklung der Finanzkraft, die Entwicklung der Mitgliederzahlen der Kirchengemeinden, aber auch die geistlichen Traditionen und Bedürfnisse der Gemeinden zu berücksichtigen sowie die möglichst gleichmäßige pfarramtliche Versorgung der Gemeinden.

Mit diesem Maßnahmenbündel wird eine zukunftsorientierte Personalplanung für den Pfarrdienst angestrebt – unter der Maßgabe, dass sich die Anzahl der Pfarrstellen in der rheinischen Kirche von derzeit gut 2.000 bis zum Jahr 2030 halbieren muss. Gleichwohl soll der theologische Nachwuchs Chancen haben: im Jahr 2008 werden 30 mbA-Stellen (als lebenslange Pfarrstellen) für Vikarinnen und Vikare, Pfarrerinnen und Pfarrer im Probedienst, Pastorinnen und Pastoren im Sonderdienst und entlassene Theologinnen und Theologen mit Anstellungsfähigkeit eingerichtet. Über weitere mbA-Stellen-Errichtungen für den theologischen Nachwuchs wird Jahr für Jahr neu entschieden. Jede Pfarrstelle kostet inklusive der Versorgungsbezüge rund drei Millionen Euro.