Pressemitteilung

Zukunft der rheinischen Kirche: Weniger Steuern bringen viele Fragen mit sich

Vizepräsident Drägert legt der Landessynode einen Bericht vor

  • Nr. 8/2011
  • 20.1.2011
  • 5289 Zeichen

Im Jahr 2022 werden die Gemeinden der Evangelischen Kirche im Rheinland etwa 60 Millionen Euro Kirchensteuern weniger einnehmen als heute. Darauf hat Vizepräsident Christian Drägert auf der Landessynode der rheinischen Kirche in Bad Neuenahr hingewiesen. Die Finanzfachleute gehen davon aus, dass die Summe von jetzt rund 565 Millionen Euro auf dann 505 Millionen Euro zurückgeht. Weil das massive Auswirkungen auch auf den Haushalt der Landeskirche haben wird, wirbt der leitende Jurist um Anpassungen kirchlicher Strukturen an die zukünftigen Rahmenbedingungen.

Ausgehend von dieser Hochrechnung müssten statt heute 4,35 Millionen Euro dann 15,2 Millionen Euro aus der Ausgleichsrücklage entnommen werden, um den landeskirchlichen Haushalt auszugleichen, wenn nicht heute reagiert werde, so Drägert in seinem Bericht über den Stand der Ausführungen der Beschlüsse der Reformsynode von 2006. Nun müssten aber weitere Schritte folgen.

„Wie viele Pfarrstellen können wir bezahlen?“

Die Frage nach der Personalplanung für den Pfarrdienst müsse dringend beantwortet werden, auch unter dem Aspekt der finanziellen Situation, sagte der Vizepräsident: „Da die theologische Ausbildung ca. zehn Jahre dauert, wir also heute über die Personen reden, die jetzt das Studium beginnen, aber erst 2021 und 2022 in den Dienst als Pfarrerinnen und Pfarrer gehen werden, sind zwei Entscheidungen dringend erforderlich: Die Festlegung der Zielzahlen der Pfarrstellen 2030. Wie viele Pfarrerinnen und Pfarrer benötigen wir unter den beschriebenen Rahmenbedingungen, eine äußerst wichtige theologische Frage nach der Gestalt unserer zukünftigen kirchlichen Arbeit. Aber auch wie viele Pfarrstellen können wir bezahlen?“

Es zeichne sich ab, dass auch bei stark sinkender Zahl von Pfarrstellen die Anzahl derjenigen, die jetzt das Theologiestudium in der Evangelischen Kirche im Rheinland beginnen, zu gering ist, um den Bedarf in den Jahren an 2022 zu decken. Anfang 2011 werde sich die Kirchenleitung mit diesen Fragen intensiv beschäftigen müssen, unterstrich Christian Drägert. „Offen ist nach wie vor die Frage, wie mit kreiskirchlichen Aufgaben umgegangen werden soll, die immer weniger oder nicht mehr flächendeckend wahrgenommen werden. Hierzu gehören – um nur einzelne Beispiele zu nennen – die Gehörlosenseelsorge oder die Unterhaltung von Schulreferaten.“ Eine entsprechende Vorlage soll der Landessynode im kommenden Jahr vorgelegt werden.

Auch den Bereich der kirchlichen Verwaltung sieht Vizepräsident Drägert als reformbedürftig an. „Vor allem durch die Einführung des Neuen kirchlichen Finanzwesens ist offenkundig geworden, was sonst eher unterschwellig wahrgenommen wurde: unsere derzeitige Struktur mit über 125 Verwaltungsämtern, in zahlreichen unterschiedlichen Organisationsformen, mit verschiedensten Softwarelösungen und höchst unterschiedlicher Ausstattung, muss sich die Frage gefallen lassen, ob sie so vertretbar ist.“ Es würden hohe Kosten dadurch produziert, dass es keine vergleich­baren Strukturen gebe. Eine Qualitätssicherung durch Vergleiche untereinander sei unmöglich. „Wir können es uns nicht leisten, diese Strukturen auf Kosten unserer Glaubwürdigkeit vorzuhalten. Es muss sichergestellt sein, dass rechtlich einwandfreie Entscheidungen von Leitungsorganen vorbereitet werden und Ehrenamtliche, die Verantwortung in einem Leitungsorgan übernehmen, die größtmögliche Unterstützung von Verwaltungsseite bekommen.“

Aufgabenkritik soll Reformprozess fortsetzen

Zur Weiterführung der Strukturreformen, die die außerordentliche Landessynode 2006 für die Zeit bis zum Jahr 2012 beschlossen hatte, stehe nun nach Angaben Drägerts eine Aufgabenkritik der landeskirchlichen Arbeit an: „Alle Aufgaben des Landeskirchenamtes und der landeskirchlichen Ämter, Werke und Einrichtungen sind daraufhin zu überprüfen, ob sie in verbesserter Form weitergeführt, eventuell ausgebaut, um- oder zurückgebaut oder – das unterstreiche ich besonders – ganz aufgegeben werden sollen. Es muss also eine wirkliche Prioritätenentscheidung getroffen werden. Ein weiterer Aspekt ist die Erschließung neuer Finanzquellen.“

Trotz der Beschlüsse der Sondersynode 2006 sei der landeskirchliche Haushalt weiterhin defizitär. „Für eine Haushaltskonsolidierung ist es daher notwendig, dass die Abteilungen des Landeskirchenamtes, die Präsidialkanzlei und die Zentralen Dienste insgesamt gemeinsam 20 Prozent der ihnen aus Abteilung VI, dem Finanzdezernat, zugewiesenen Haushaltsmittel bis zum 31. Dezember 2022 einsparen. Bezugsgröße werden die Planzahlen für das Haushaltsbuch 2012 sein“, so der Vizepräsident. Beginn der Erarbeitungsphase für die Vorschläge ist der 01. Januar 2011. Auf der Landessynode 2013 soll das dann erarbeitete Maßnahmenpaket beschlossen werden. Umgesetzt sein müssen die Maßnahmen spätestens bis zum 31. Dezember 2022.