Pressemitteilung

Grußwort Moderator Peranginangin

Landessynode 2006

  • Nr. Pressemitteilung T15/2006
  • 12.1.2006
  • 9918 Zeichen

Grußwort von Pdt. Jadiaman Peranginangin
Moderator der Karo Batak Protestant Church


anlässlich der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland
in Bad Neuenahr am 12. Januar 2006



Liebe Brüder und Schwestern in Christus,


Sehr geehrter Herr Präses Nikolaus Schneider, sehr geehrte Kirchenleitung, Teilnehmer der Hohen Synode der Evangelischen Kirche im Reinland, Gäste aus der Ökumene, Vertreter der Regierung, Ausschussmitglieder und Gemeindeglieder,


zunächst möchte ich Gott danken, weil er uns in seiner Liebe und Barmherzigkeit immer noch Gelegenheit gibt, in Wort und Tat die Gemeinschaft, das Glaubenszeugnis und die tätige Nächstenliebe (Koinonia, Martyria, Diakonia) in unserer Kirche zu verbessern.


Zweitens möchte ich Ihnen, verehrter Herr Präses Schneider, danken, dass Sie mich in meiner Eigenschaft als Moderator der Karo Batak Protestant Church (Gereja Batak Karo Protestant) zu dieser wichtigen Versammlung eingeladen haben. Ich hoffe, durch meine Teilnahme viel von Ihnen lernen zu können. Erlauben Sie mir deshalb, in diesen Tagen dabei sein zu dürfen. Möge dieses Zusammentreffen durch den Segen des Heiligen Geistes und die Zusammenarbeit aller Teilnehmer zu den allerbesten Ergebnissen führen.


Die Kirchen der Welt richten ihr Augenmerk auf  Porto Alegre, Brasilien, wo vom 14. – 23. Februar 2006 die  9. Generalversammlung des Weltkirchenrats stattfinden wird. Das Motto der Veranstaltung lautet: „In deiner Gnade, Gott, verwandle die Welt“. Es soll uns daran erinnern, dass unsere Welt durch die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Kraft des Heiligen Geistes verwandelt wird. Allerdings muss sich zunächst einmal das Volk Gottes  verändern lassen, damit es zu dem Werkzeug werden kann, mit dem Gott die Welt verändert.


Wir leben in einer Welt voller Zerrissenheit und Unsicherheit. Wirtschaftliche und politische Interessen bringen die Menschen gegeneinander auf. Globalisierung und Kapitalismus führen dazu, dass immer mehr Länder immer ärmer werden. Mit Hilfe moderner Denkmodelle versuchen die Menschen, die negativen Auswirkungen der Modernisierung zu korrigieren. Sie fangen an, das Geringe und Randständige wahrzunehmen. Der postmoderne Denker Lyotard (Jean-Francois Lyotard, franz. Philosoph, führte das Schlagwort „Postmoderne“ in die Philosophie ein, d. Übers.) spricht vom Ende der „großen Metaerzählungen“  (Metanarrative), die das große Ganze erklärten und ihm Geltung verschafften. Nach seiner Aussage können wir fortan bestenfalls noch auf eine Folge von „kleinen Erzählungen“ (Mininarrative) hoffen: Eine neue Denkweise, die unsere Aufmerksamkeit auf die kleinen Leute lenken könnte, wie sie im Lobgesang der Maria (Lk1, 46-55) theologisch vorweggenommen wurde.


Wir leben auch nicht mehr im Einklang mit der Natur. Stattdessen sind wir zu ihren Verbrauchern geworden. Das starke Anwachsen der Weltbevölkerung, die Entwicklungen in Landwirtschaft, Bergbau und Industrie setzen das globale Ökosystem unter Druck. Anzeichen dafür sind das Aussterben ganzer Spezies, die Verschmutzung von Flüssen und Meeren, die Abnahme der Ozonschicht. die globale Erwärmung aufgrund von Treibhausgasen, der Qualitätsverlust des Sonnenlichts, Bodenerosion, Verringerung des kulturfähigen Ackerlandes, Ausuferung der Ballungsräume, Reduzierung des Fischbestandes, Verlust an fruchtbaren Böden, saurer Regen, Änderungen im globalen Wettersystem,  Zerstörung der Wälder. Nicht zu vergessen die Verwüstungen infolge von Naturkatastrophen wie dem Tsunami, Erdbeben und Taifunen wie Carolina und anderen.
Auch in religiöser Hinsicht ist unsere Welt vielfach zerrissen. Es gibt Religionen und Denominationen unterschiedlichster Ausrichtungen, einige sind liberal, andere fundamentalistisch. Dann sind da auch noch die Agnostiker. Traurigerweise wird in manchen Gegenden gerade das Wissen um die Menschenrechte von kleinen, extrem fundamentalistischen Gruppierungen dazu missbraucht, ihr eigenes Existenzrecht zu begründen. Der Umgang mit diesen Leuten ist  nicht einfach. Einerseits haben sie ein Recht auf Existenz, andererseits aber gefährden gerade sie häufig die Sicherheit und das Zusammenleben in einer Gesellschaft. Es gibt noch weitere schwerwiegende Probleme der Menschheit, die wir erwähnen müssen, wie zum Beispiel Armut, HIV/Aids, sexueller Missbrauch, Drogenmissbrauch, Machtmissbrauch, Gewalt, Rassismus, Terrorismus usw. Angesichts all dieser Probleme sollte sich die Kirche als auslösende Kraft an der Verwandlung der Welt beteiligen und  – gestärkt durch den Heiligen Geist – einen besseren Ort aus ihr machen.


Des Weiteren sollte sie ihre Aufmerksamkeit den Menschen zuwenden, die aus zerrütteten Familien kommen. Kinder aus unglücklichen Ehen stehen in der Gefahr, zu Opfern zu werden. Es scheint, als nähme ihre Zahl ständig zu. Was können Kirchen und Regierungen tun, um diesem Problem Herr zu werden? Wäre es nicht wichtig, Ehepaare daran zu erinnern, dass die Familie der Raum ist, in dem der einzelne am besten erfahren kann, was Leben, Liebe und Wachsen in der Gemeinschaft Gottes bedeuten?
Wir sehen uns in unserer Welt unzähligen Problemen gegenüber, gleichzeitig aber erleben wir, wie Menschen Hand in Hand arbeiten, um sie zu lösen. Es ist noch nicht lange her, dass unsere Brüder und Schwestern in Asien, in Aceh und auf Nias Island in Indonesien schlimmes Leid erfahren mussten, ausgelöst durch den Tsunami und durch Erdbeben. Wir haben erfahren, wie Menschen aus aller Welt, besonders aus der westlichen Welt und noch gezielter aus Deutschland unseren Völkern und Regierungen maßgeblich geholfen haben, ungeachtet aller religiösen Verschiedenheiten, einfach aus Menschlichkeit. Erlauben Sie mir im Namen der Menschen in Indonesien meinen Dank auszusprechen. Sie haben viel beigetragen, nicht nur materiell, sondern auch menschliche Arbeitskraft, Ausrüstung, moralische und seelische Unterstützung. Möge die Liebe Gottes Sie weiterhin begleiten!
Im Blick auf unser kirchliches Leben haben wir viel Liebe und Aufmerksamkeit von Ihnen erfahren, seit den Zeiten der Missionierung bis heute durch die VEM-Familie. Es hat sich vieles für uns verbessert: die Bildungsmöglichkeiten, die Lebensbedingungen,  die Gesundheitsversorgung, die Landwirtschaft. Wir müssen zugeben, dass Ihre Anwesenheit und Anteilnahme von großer Bedeutung sind. Im Namen meiner Landsleute möchte ich die Gelegenheit nutzen, unseren Dank und unsere Anerkennung für das auszusprechen, was Sie für uns getan haben. Lassen Sie mich die Grüße von 300.000 Mitgliedern der GBKP an alle Brüder und Schwestern  in der EKiR weiterleiten. Danke für Ihre Freundschaft, Ihre Unterstützung und Ihre Gebete. Wir bauen auch in Zukunft auf diese Freundschaft und Geschwisterlichkeit.


Sie wissen, dass Indonesien viele Schwierigkeiten zu bewältigen hat. Das Land steckt in einer wirtschaftlichen Krise. Es steht in der Gefahr, politisch auseinander zu fallen. Religiöser Eifer schürt gesellschaftliche Konflikte. Schwerer wiegen jedoch der Verlust an Moral (im Blick auf Verhalten und Charakter) und der Verlust an Bildung (im Blick auf Wissen und Fähigkeiten). Die Qualität unserer Arbeitskraft gehört zurzeit zur niedrigsten in der Welt. Zur Behandlung von Krankheiten gehen viele Menschen ins Ausland (nach Poenang oder Singapur), nicht weil sie so viel Geld hätten, sondern einfach weil die Gesundheitsleistungen im eigenen Land so unbefriedigend sind. Es stellt sich die Frage, wie sich die Kirche an der Qualitätsverbesserung der schulischen und außerschulischen Bildung, des Gesundheitswesens und der beruflichen Ausbildung beteiligen kann, damit Arbeitskräfte heranwachsen, die über Moral, Integrität, Wissen und berufliche Fähigkeiten verfügen. Eine solche Beteiligung gehört zu den vordringlichsten Aufgaben der Karo Batak Kirche. Mit ihr möchte die Kirche in Indonesien dem Auftrag Gottes gerecht werden, eine auslösende Kraft für die Umwandlung des Landes und damit der Welt zu sein.
Sie hat auch mehrere Schulen, von der Vorschule bis zur Highschool, die allerdings verbesserungsbedürftig sind. Neben deren Aufwertung plant die Kirche zurzeit die Einrichtung eines Polytechnikums, aus dem in einigen Jahren eine Universität werden soll. Unsere Gesellschaft braucht gute Krankenhäuser, deshalb versuchen wir, ein zurzeit noch von örtlichen Behörden betriebenes Krankenhaus zu übernehmen (früher wurde es von Missionaren geleitet). Ein weiteres wichtiges Projekt ist die berufliche Förderung von Menschen, was ihnen höhere Einkommen ermöglichen soll. Außerdem engagieren wir uns sehr in der HIV/Aids-Aufklärung und versuchen, die Menschen demokratiefähig zu machen. Sie sollen ein Bewusstsein für Gerechtigkeit und Frieden entwickeln. Sie sollen die Integrität der Schöpfung wahren. Dazu gehören die Wahrnehmung der Geschlechtergerechtigkeit, die Bewahrung der Naturschätze, der Kampf gegen illegales Wohnen, die Förderung von fairem Handel und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.
Ich danke für die Aufmerksamkeit, die sie mir geschenkt haben. Möge die Liebe Gottes mit uns sein, und möge der Heilige Geist uns durch diese und alle Tage geleiten!


Hochachtungsvoll
Kabanjahe, Nord Sumatra, Indonesien, den 05.12.2005
Pdt. Jadiaman Peranginangin
Moderator der Karo Batak Protestant Church (GBKP)