Pressemitteilung

Rheinische Synode zur Globalisierung: „Schweigen ist Sünde. Handeln ist Pflicht“

Engagierte Diskussion zum Abschluss der Tagung in Bad Neuenahr

  • Nr. 20/2008
  • 11.1.2008
  • 5124 Zeichen

Die Kirche muss sich den Herausforderungen, die die Globalisierung mit sich bringt, stellen – aus Verantwortung vor Gott und den Menschen. Das hat die Landessynode heute unterstrichen: „Zurückweichen, Opportunismus und Ängstlichkeit allein sind für Christenmenschen keine Optionen. Schweigen ist Sünde. Handeln ist Pflicht.“ Zwar sei der Einfluss einzelner auf den Globalisierungsprozess gering; die Gestaltungsmöglichkeiten bewegten sich in engen Grenzen und beschränkten sich oft auf das unmittelbare eigene Umfeld: „Die Erfahrung lehrt aber, dass gemeinsames Handeln Kraft entwickelt und Gewicht verleiht und wesentlich zum gemeinsamen Erfolg beitragen kann“, so die am Mittag verabschiedete Stellungnahme unter der Überschrift „Wirtschaften für das Leben – Stellungnahme zur wirtschaftlichen Globalisierung und ihren Herausforderungen für die Kirchen“, die sich detailliert mit der weltweiten Globalisierung auseinandersetzt.

Das Schwerpunktthema der diesjährigen Landessynode hat eine längere Vor-geschichte. Seit neun Jahren befasst sich die Evangelische Kirche im Rheinland immer wieder mit den Herausforderungen der Globalisierung, meist unter wirtschaftlicher Betrachtung. Nach einem Beschluss der Landessynode 2005, das vielschichtige Thema zum Hauptthema einer Landessynode vorzubereiten, wurden die verschiedenen Aspekte nun in der 116-seitigen Stellungnahme zusammengefasst. „Die Darstellung der ökumenischen Debatte zur Globalisierung soll zu einer theologischen Profilierung beitragen, um in einem weiteren Schritt Handlungsoptionen für die Evangelische Kirche im Rheinland zu definieren“, heißt es in dem Papier. Es geht um „eine theologische und ethische Positionierung, einen klaren Aktionsplan und eine verbindliche Bearbeitung“, heißt es weiter.

Praxisbeispiele aus allen Kirchenkreisen

Neben einer Bestandsaufnahme der Debatte finden sich deshalb viele Praxisbeispiele aus allen Kirchenkreisen. Außerdem werden für neun Arbeitsfelder Zielvorstellungen und offene Fragen definiert, die einen ethischen Rahmen und konkrete Maßnahmen für das kirchenleitende Handeln vorschlagen. Die Arbeitsfelder sind: Arbeit, ethisches Investment, Frieden, Entwicklung und Sicherheit, Klimawandel, Konsum, Landwirtschaft, Migration, Gesundheit und Bildung.

Die Stellungnahme zeichnet unterschiedliche theologisch-ethische Positionen in den Kirchen von der Südhalbkugel und den Kirchen von der Nordhalbkugel (Plädoyer für Alternativen zur globalen Wirtschaftsordnung und Plädoyer für eine Mitgestaltung) in der Globalisierungsdebatte nach. Es werden gemeinsame „Orientierungspunkte“ aus beiden Positionen abgeleitet: das sozialethische Prinzip des Menschengerechten in allen Lebensvollzügen, die Geltung der unteilbaren Menschenrechte sowie deren Umsetzung unter den Bedingungen der Globalisierung, das Prinzip der Nachhaltigkeit einschließlich des Schutzes von Ressourcen und der Generationengerechtigkeit, das Leitbild einer gerechten und solidarischen Gesellschaft als Orientierung für das wirtschaftliche Handeln und gegenseitige Rechenschaftspflicht der Kirchen.

Die Stellungnahme benennt zudem „Selbstverpflichtungen“ für die rheinische Kirche: die Option für Arme, Schwache und Entrechtete, die Verpflichtung, den Konziliaren Prozess (Gerechtigkeit, Frieden und Schöpfungsbewahrung) zu gestalten und Alternativen zu personaler und struktureller Gewalt zu entwickeln. Diese Selbstverpflichtungen bilden „die Grundlage, von der aus auch die Auseinandersetzung um die wirtschaftliche Globalisierung geführt wird“.

Was ist das Ziel der Debatte? „Die Arbeit ist nicht damit getan, ein Papier zu verabschieden. Es müssen Taten folgen. Die Evangelische Kirche im Rheinland ist verpflichtet, Rechenschaft darüber abzulegen, was sie zur Veränderung und Verbesserung der gegenwärtigen Verhältnisse tun kann und entsprechend zu handeln“, heißt es in der Stellungnahme. Vorgeschlagen wird eine „Projektgruppe Globalisierung“, deren Aufgabe darin besteht, das Projekt „Globalisierung“ der rheinischen Kirche inhaltlich und organisatorisch zu gestalten und zu steuern. Die Kirchenleitung soll der Landessynode jährlich einen von der Projektgruppe erarbeiteten Fortschritts- und Rechenschaftsbericht vorlegen.

Den Gemeinden soll die Stellungnahme als Grundlage für ihre weitere Arbeit dienen – doch nicht nur das: „Indem wir uns heute die vorliegende Stellungnahme zu Eigen machen, geben wir unseren Partnerkirchen im Süden ein verbindliches Zeichen der Weggemeinschaft trotz und in unserer jeweils sehr verschiedenen Situation. Gleichzeitig setzen wir für uns einen verpflichtenden Doppelpunkt, an diesem zentralen Thema strukturiert, organisiert und planvoll weiter zu arbeiten“, kommentierte als Berichterstatterin in der Synode Kirchenrätin Christine Busch von der Ökumeneabteilung der rheinischen Kirche.

Die Stellungnahme ist im Internet abrufbar unter www.ekir.de/landessynode, dort: Dokumente.