Pressemitteilung

Grußwort des Präsidenten des Deutschen Evangelischen Kirchentags Reinhard Höppner

Landessynode 2006

  • Nr. Pressemitteilung T2/2006, Achtung, Sperrfrist: Sonntag, 8. Januar 2006, 20 Uhr. Es gilt das gesprochene Wort!
  • 9.1.2006
  • 6466 Zeichen

Grußwort


von Ministerpräsident a.D. Dr. Reinhard Höppner,
Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentags (DEKT)


anlässlich der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland
am Sonntag, 8. Januar 2006


Es ist genau 25 Jahre her, da stand ich schon einmal hier vor ihrer Synode um ihnen die Grüße aus der Kirchenprovinz Sachsen zu bringen. Ich war damals Präses unserer Synode. Die Mauer trennte unser Land, und es bedurfte großer Anstrengungen, um diese Mauer von Ost nach West zu überqueren. Immer wieder aufregend. Das ging manchen von Ihnen in umgekehrter Richtung vermutlich nicht anders. Wir waren dankbar dafür, dass viele von Ihnen in dieser Zeit der Trennung die Mauer von West nach Ost überschritten und damit eine Brücke gebaut haben zwischen den sich waffenstarrend gegenüberstehenden Blöcken. Es ist ein bleibendes Verdienst der Kirchen, gegen alle ideologischen Verhärtungen in der Zeit des Kalten Krieges die Botschaft der Versöhnung zu stellen. Sie haben das getan, nicht nur mit Worten, sondern mit ganz praktischen Schritten. Als die Mauer fiel, war das ein Schatz für das Zusammenwachsen zwischen Ost und West.


Wenn ich heute daran erinnere, dann nicht nur, weil diese Aufgabe auch 16 Jahre nach dem Mauerfall noch nicht erledigt ist. Noch immer haben viele den hinzugekommen Reichtum an Kultur und Erfahrung nicht entdeckt. Ich sage das vor allem, weil mir aus dieser Erfahrung deutlich ist: Es ist eine Aufgabe unserer Kirchen, die Hoffnung auf eine Verbesserung der Verhältnisse festzuhalten auch und gerade in Zeiten, in denen diese Hoffnung nach den Spielregeln unserer Zeit kaum Chancen eingeräumt werden. Christen hoffen für die Welt, das ist ihr Markenzeichen. Und wir haben guten Grund, auch in Zukunft daran zu glauben, dass Gott gute Überraschungen für uns bereithält. Wir haben keinen Anlass zu Resignation. Weder kleiner werdende Gemeinden noch die viel zitierten leeren Kassen, die doch so leer nicht sind, können als Grund dafür herhalten. Wenn wir davon überzeugt sind, dass wir eine wichtige Botschaft für die Welt haben, dann gibt es keine unüberwindliche Mauer zwischen dem status quo und dem Land, das er uns zeigen will.


Heute stehe ich vor ihnen als Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Welch ein Glück, dass es Ereignisse gibt, bei denen diese Begeisterung, bei denen diese christliche Hoffnung für die Welt einen in der Gesellschaft weithin sichtbaren Ausdruck findet. Der Deutsche Evangelische Kirchentag ist ein solches Ereignis. Darum bin ich hoch erfreut, dass die Rheinische Kirche uns für 2007 nach Köln eingeladen hat. Nach dem Ökumenischen Kirchentag in Berlin und dem Evangelischen Kirchentag in Hannover wird dieses große Fest der Christen ein Zeugnis der  Hoffnung sein, die in uns ist.
 
Er wird, das kann in Köln nicht anders sein, auch ein ökumenisches Ereignis werden. Das ist gut so, denn es geht um unsere christliche Hoffnung für die Welt, und die ist nicht katholisch oder evangelisch. Wir können sie dieser Welt nur glaubwürdig vermitteln, wenn wir gemeinsam nach Antworten auf die existenziellen Lebensfragen der Menschen und der Gesellschaft suchen. In dieser Hinsicht wird der Kölner Kirchentag auch eine Station auf dem Weg zum 2. Ökumenischen Kirchentag voraussichtlich in München 2010 sein.


Wir, sicherlich auch viele Jugendliche, kommen nach Köln auch um anzubeten. Aber wir wollen mehr. Wir wollen Antworten suchen auf die Fragen unserer Zeit. Darum geht es uns bei Ökumene auch nicht nur um das Verhältnis der großen Konfessionen. Es geht uns, wenn wir von einem ökumenischen Ereignis reden, um die vielfältige, weltweite Christenheit, die als wanderndes Gottesvolk Ausschau hält nach der vor uns her ziehenden Wolkensäule des tags und der Feuersäule des nachts, in der unser Gott vor uns her zieht.


Darum wünsche ich mir, dass Sie alle nicht nur Ihre Gemeinden nach Köln einladen, sondern auch Ihre Partnergemeinden und Partnerkirchen in unseren Nachbarländern. Ich wünsche mir, dass die Kirchen ihre Aufgabe des Brückenbaus Richtung Osten auch weiterhin wahrnehmen und unsere östlichen Nachbarn den Kirchentag als eine Chance erleben können, eine Chance zum Zusammenwachsen in dem größer gewordenen Europa. Der Zusammenbruch der Blöcke war ein Geschenk Gottes. Jetzt müssen wir etwas daraus machen. Ihre Rheinische Kirche mit ihren vielen Partnerbeziehungen hat dabei viele Möglichkeiten und damit auch eine große Verantwortung.


Noch haben wir keine Losung für den Kirchentag. Darüber wird das Präsidium in 14 Tagen beschließen. Die Frage, wie es mit unserer Welt und unserer Kirche inmitten der vielen Veränderungen weitergehen soll, wird dabei sicherlich im Mittelpunkt stehen. Aber es ist schon jetzt für uns eine Freude zu sehen, wie die Begeisterung in ihrer Kirche für den Kirchentag wächst. Davon lebt der Kirchentag, von solcher Begeisterung und von dem Engagement so vieler freundlicher Menschen. Ich freue mich auf Köln als eine Stadt guter Gastgeberschaft.


Manchmal höre ich auch die Frage, ob wir uns solche Großereignisse eigentlich noch leisten können. Alle Erfahrung aber zeigt, es gibt keine bessere und auch keine billigere Werbung für Kirche – und den Stadtvätern sei es gesagt: auch für die Stadt und die Region – als einen solchen Kirchentag. Und vielleicht hilft Ihnen ja auch für Ihre weiteren Beratungen eine nicht ganz unwichtige Erfahrung aus Hannover. In der Synode der Hannoverschen Kirche sind die Beratungen über die Finanzen nach dem Kirchentag viel leichter gegangen, als die meisten erwartet hatten. Wo die Sache des Evangeliums lebendig ist, da gehören Finanzfragen zu den lösbaren irdischen Problemen.


Das wünsche ich Ihnen nun, dass Sie Ihre irdischen Probleme gut lösen. Und wenn es dabei doch mühsam werden sollte, dann wünsche ich Ihnen, dass Sie die Erfahrung des Apostels Paulus teilen können: „Der Geist hilft unserer Schwachheit auf“ – auch der Geist des Kirchentages. In diesem Sinne bis bald – spätestens bis zum Kirchentag in Köln.